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Gewährleistungsverzicht beim Wohnungskauf? (1 Ob 79/23h)

 

Folgender Sachverhalt liegt vor:

 

  1. Die Kläger nehmen den Beklagten aus einem privaten Wohnungskauf auf Gewährleistung und Schadenersatz in Anspruch.

 

Der gegenständliche Vertrag enthielt folgende Klausel:

 

„Die Käufer haben den Vertragsgegenstand vor Vertragsunterfertigung eingehend besichtigt und kennendaher dessen Art, Lage und äußere Beschaffenheit. Die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstandes erfolgt im bestehenden tatsächlichen Zustand desselben, ohne Haftung des Verkäufers für einen bestimmtenBau- oder Erhaltungszustand des Objektes [...] oder eine sonstige bestimmte tatsächliche Eigenschaft oderBeschaffenheit der Liegenschaft.“

 

Das Exposé des Maklers hatte für die Wohnung einen „sehr guten Zustand“ ausgewiesen.

 

Nachträglich stellte sich heraus, dass ein Schrankraum bei der Errichtung zu gering gedämmt worden war und dort auch eine Wärmebrücke bestand, weswegen ein massiver Schimmelbefall hinter einem Kasten auftrat. Die Schimmelfreiheit dieses Raums kann aufgrund dieser Baumängel auch durch häufiges Lüften nicht sichergestellt werden.

 

Das Berufungsgericht erkannte, dass die eingangs genannte Klausel die Haftung für geheime Mängel nicht erfasste, und sprach daher mit Zwischenurteil aus, dass der Anspruch der Kläger dem Grunde nach zu Recht bestehe.

 

  1. Rechtliche Beurteilung

 

Das Erstgericht wies die Klage aufgrund dieses Haftungsausschlusses ab.

 

Das Berufungsgericht sprach aus, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es ging davon aus, dass sich ein umfassender Gewährleistungsverzicht zwar grundsätzlich auch auf „geheime“ Mängel beziehe. Die Vertragsbestimmung sei aber dahin zu verstehen, dass für Mängel, die bei einer Besichtigung nicht erkennbar seien, gehaftet werde.

 

Der OGH bestätigte die zweitinstanzliche Entscheidung.

 

Bereits in der bisherigen Rechtsprechung sind vergleichbare Vertragsbestimmungen dahin ausgelegt worden, dass nur die Gewährleistung für solche Mängel ausgeschlossen wird, die für den Käufer bei sorgfältiger Besichtigung erkennbar gewesen sind.

 

Dies folgt daraus, dass der Haftungsausschluss mit dem Hinweis auf den dem Käufer bekannten Zustand des Objekts und der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Besichtigung in Verbindung steht. Das war auch gegenständlich der Fall. Darauf, ob der vertragliche

Hinweis auf die erfolgte Besichtigung mit dem Haftungsausschluss sprachlich

„verbunden“ wurde, kommt es nicht an.

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