top of page
Rechtsblog 2_edited.jpg

Die Zuweisung eines der nachehelichen Aufteilung unterliegenden (Haus-)Tiers an einen der Ehegatten hat nach Billigkeit zu erfolgen. Dabei kommt es mangels erkennbarer Vermögensinteressen maßgebend darauf an, welcher Gatte die stärkere emotionale Beziehung zum Tier hat. Davon wäre nur abzuweichen, wenn eine solche Zuweisung mit tierschutzrechtlichen Bestimmungen unvereinbar wäre.

 

Der OGH hatte in seiner jüngsten Entscheidung (zu 1 Ob 254/22t) zu entscheiden gehabt, wem das von en geschiedenen Ehegatten gemeinsam gehaltene Haustier nach der Scheidung zugewiesen wird. 

 

Der OGH entschied, dass der Kater, nennen wir ihn „Felix“ jenem Teil zuzuweisen ist, der die intensivere emotionale Beziehung zum Tier hatte. Davon wäre nur dann eine Ausnahme zu machen, wenn gegen die Tierhaltung durch diesen Ehegatten tierschutzrechtliche Bedenken bestünden.

 

Das Erstgericht sprach gemäß § 40a JN aus, dass das vom Mann erhobene Klagebegehren auf Herausgabe des während der Ehe angeschafften Katers im außerstreitigen Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG zu behandeln sei.

 

Der Mann begründete sein Begehren auf Zuweisung des Katers insbesondere darauf, zu diesem eine stärkere gefühlsmäßige Bindung zu haben. 

 

Er brachte vor, dass die Frau das Tier bei ihrem Auszug aus der Ehewohnung heimlich mitgenommen und aus seinem gewohnten Umfeld verbracht habe. 

 

Der Mann erachtete darin ein tierschutzrechtlich bedenkliches Verhalten zu erblicken und zeige, dass die Frau nicht in der Lage sei, sich um das Tier zu kümmern. 

 

Die Frau sprach sich gegen eine Zuweisung des Katers an den Mann aus und brachte begründend vor, dass der Kater als „Ersatz“ für eine von ihr in die Ehe eingebrachte (verstorbene) Katze und daher „für sie“ angeschafft worden sei. 

 

Die Frau brachte weiters vor, dass Sie sich beinahe allein um den Kater gekümmert habe und zu ihm eine „wechselseitige“ enge emotionale Bindung aufgebaut habe. 

 

Der Mann sei nicht in der Lage, den Kater angemessen zu versorgen. Er habe kaum Interesse an ihm gezeigt und nur selten Pflegeaufgaben übernommen. Die Ehegatten hätten vor dem Auszug der Frau aus der Ehewohnung vereinbart, dass sie den Kater und der Mann die (andere) Katze bekommen soll. Deshalb – sowie aufgrund seiner engeren Beziehung zur Frau – habe sie den Kater, der keine Bindung an einen bestimmten Ort gehabt habe, mitgenommen. Sie sei in der Lage, sich um ihn zu kümmern. Die Frau begehrte in erster Instanz auch die Zuweisung einer beim Mann verbliebenen Katze.

 

Das Erstgericht wies beide Tiere dem Mann zu.

 

In rechtlicher Hinsicht hielt das Erstgericht fest, dass für die Zuweisung von Haustieren nicht nur deren Wert, sondern vor allem die „emotionale Bindung des Tieres zu den Ehegatten und umgekehrt“ maßgeblich sei. 

 

Das Erstgericht erkannte zudem, dass das Tierwohl dabei aber „nicht derart ausschlaggebend sei, wie das Kindeswohl bei einer Obsorgeentscheidung“ sei. In concreto sei der Kater dem Mann zuzuweisen, weil dieser die engere emotionale Bindung zum Kater aufweise und die Frau dadurch, dass sie den Kater aus seinem gewohnten Umfeld verbracht habe, ihre eigenen Ansprüche über das Tierwohl gestellt habe. 

 

Hinzu käme, dass gegenständlich auch zu berücksichtigen sei, dass der Mann als minder schuldig geschiedener Ehegatte in „gewissem Umfang“ die ihm zuzuweisenden Sachen wählen könne.

 

Das Rekursgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung über die – inhaltlich nicht bekämpfte – Zuweisung der Katze an den Mann. Hinsichtlich des Katers hob es den angefochtenen Beschluss auf und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Das Gericht erkannte, dass hinsichtlich des von der Frau mitgenommenen Katers“ der Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur nachehelichen Aufteilung von Haustieren zulässig sei.

 

Das Erstgericht habe im fortgesetzten Verfahren zu klären, zu welchem der ehem. Eheleute der Kater eine (stärkere) emotionale Bindung habe, aus welchem Grund ihn die Frau bei ihrem Auszug aus der Ehewohnung mitgenommen habe, ob der Kater an bestimmte Orte gebunden sei, wie sich seine nunmehrigen „Lebens- und Betreuungsverhältnisse“ bei der Frau (unter Berücksichtigung der behaupteten Bindung an eine weitere von ihr gehaltene Katze) darstellten und ob die Parteien in der Lage seien, sich um ihn in einem für das Tierwohl erforderlichen Ausmaß zu kümmern. 

 

 

Der gegen diese Entscheidung schlussendlich erhobene Revisionsrekurs des Mannes ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig und ist im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

 

1. Haustiere sind für die nacheheliche Aufteilung wie eine Sache zu behandeln. 

 

Der OGH führte dazu aus, dass dies auch angesichts der programmatischen Bestimmung des § 285a ABGB gilt, demzufolge Tiere keine Sachen sind, sie durch besondere Gesetze geschützt werden und die für Sachen geltenden Vorschriften auf Tiere nur insoweit anzuwenden sind, als keine abweichenden Regelungen bestehen. 

 

Derart abweichende Regelungen bestünden im gegebenen Zusammenhang nicht. 

 

Nach Auffassung des OGH unterliegen folglich während der Ehe erworbene „Familientiere“ der Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG. 

 

Anderes würde gemäß § 82 Abs 1 Z 2 EheG nur für in die Ehe eingebrachte oder dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten allein oder der Ausübung seines Berufs dienende Haustiere (wie etwa Rettungs-, Dienst- oder Therapiehunde) gelten (vgl. 1 Ob 128/17f).

 

Im Übrigen entspricht die Ansicht, derzufolge Tiere grundsätzlich der nachehelichen Aufteilung unterliegen, in der rechtswissenschaftlichen Literatur (vgl. Stabentheiner/ Pierer in Rummel/Lukas, ABGB4 § 81 EheG Rz 31; B. C. Steininger in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 81 EheG Rz 14; Bahn, Das Tier im Familien- und Erbrecht, TiRuP 2018/A, 63 [75]).

 

Die Vorschriften über die nacheheliche Aufteilung sind solche des ehelichen Güterrechts. Diesem liegt regelmäßig eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde. Die Folgen der Ehescheidung sollen in wirtschaftlicher Hinsicht in einer für beide Ehegatten möglichst ausgeglichenen Weise geregelt werden (RS0057523RS0057852). Oberster Aufteilungsgrundsatz ist gemäß § 83 Abs 1 EheG die Billigkeit, wobei es vor allem auf Gewicht und Umfang der Beiträge der Ehegatten zur ehelichen Errungenschaft ankommt.

 

Für die Zuweisung eines Tiers ist aus diesen Grundsätzen nichts zu gewinnen, wenn für die Ehegatten – wie hier – nicht dessen Vermögenswert im Vordergrund steht, sondern die gefühlsmäßige Bindung zu diesem. 

 

Der OGH hielt fest, dass eine unter wertmäßigen Gesichtspunkten orientierte Entscheidung über dessen Zuweisung in solchen Fällen nicht in Betracht kommt. Wenngleich das Aufteilungsrecht keine konkreten Vorgaben für die nacheheliche Zuweisung von Haustieren enthält, so ergibt sich doch aus § 83 Abs 1 EheG, dass auch diese nach Billigkeit zu erfolgen hat. 

 

Dem Grundsatz der Billigkeit entspricht es in diesem Fall, mangels maßgeblicher wirtschaftlicher Kriterien für die Zuteilung des Tiers auf die stärkere oder schwächere emotionale Beziehung der Gatten zu diesem abzustellen. Dass diese Bindung von der Rechtsordnung grundsätzlich anerkannt wird, ergibt sich etwa aus § 250 Abs 1 Z 4 EO (Unpfändbarkeit von Haustieren, zu denen eine gefühlsmäßige Bindung besteht). 

 

Festgehalten wird, dass für die Abwägung, welcher Ehegatte eine intensivere Beziehung zu einem Tier hat, kann auch die während der Ehe erfolgte Sorge für dieses berücksichtigt werden. Führt eine billige Berücksichtigung der emotionalen Bindung der Ehegatten zum Tier zu einem klaren Ergebnis, ist dieses für dessen Zuweisung primär maßgeblich.

 

Allerdings wäre von einer Zuteilung an jenen Ehegatten, der die stärkere Bindung zum Tier hat, nur dann abzusehen, wenn dies mit dem Tierschutz unvereinbar wäre. Tiere sind auch nach Inkrafttreten des § 285a ABGB keine Rechtssubjekte (für viele etwa Eccher/Riss, KBB6 § 285a ABGB Rz 2), auf die personenrechtliche Vorschriften (allenfalls bloß sinngemäß) anzuwenden wären (1 Ob 160/98f). Entgegen dem Rekursgericht kommt es daher für die nacheheliche Aufteilung nicht darauf an, zu welchem Ehegatten das Tier die „engere gefühlsmäßige Beziehung“ hat.

 

Nach den – allerdings von der Frau bekämpften – erstinstanzlichen Feststellungen hatte der Mann die intensivere Beziehung zum Kater. Er leistete für diesen die „Erziehungsarbeit“ und spielte mit ihm. Anhaltspunkte für tierschutzrechtliche Bedenken (iSd TSchG oder der genannten Verordnung) einer Haltung durch den Mann bestehen nicht. 

 

Aus dargelegten Gründen kommt es entscheidend auf die im Rekurs bekämpfte Feststellung zur intensiveren emotionalen Beziehung des Mannes zum Kater an, deren Rüge vom Rekursgericht unbehandelt blieb. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückzuverweisen.

bottom of page