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Testament zugunsten von Pflegepersonen:

 

Der Oberste Gerichtshof hat zu 2 Ob 15/23d nachfolgenden Beschluss gefasst:

 

Der im Jahr 2018 verstorbene Erblasser hinterließ seine Ehegattin. 

 

In seinem Testament vom 10. 7. 2015 setzte er seine Pflegerin und deren Ehemann (Erstantragstellerin und Zweitantragsteller) als seine Erben ein.

 

Die Vorinstanzen stellten aufgrund des Testaments vom 10. 7. 2015 das Erbrecht der Erstantragstellerin und des Zweitantragstellers fest und wiesen die Erbantrittserklärung der Ehegattin ab. 

 

Sie gingen dabei davon aus, dass § 1 Abs 1 der Verordnung über Standes- und Ausübungsregeln für Leistungen der Personenbetreuung in der hier anzuwendenden Fassung des BGBl II 2007/278 (im Folgenden: Verordnung), wonach Personenbetreuern untersagt ist, Leistungen ohne gleichwertige Gegenleistungen entgegenzunehmen, nicht nach § 879 Abs 1 ABGB zur Nichtigkeit des Testaments oder der Erbantrittserklärung führe.

 

In ihrem dagegen erhobenen Revisionsrekurs argumentiert die Ehegattin (in concreto die Drittantragstellerin) damit, dass sich das Verbot auch auf Zuwendungen von Todes wegen erstrecke und daher die Unwirksamkeit des Testaments zur Folge habe.

 

Der OGH erkannte, dass damit keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt werde.

 

Zu einem ähnlichen Fall, bei dem gegen die Wirksamkeit eines Testaments einer betreuten Person zu Gunsten ihrer Pflegerin eingewandt wurde, dass die Pflegerin einem betrieblichen Vermögensannahmeverbot unterlegen sei, hat der Oberste Gerichtshof bereits unter Hinweis auf die Testierfreiheit ausgesprochen, ein solches Verbot erstrecke sich keinesfalls dergestalt auf einen Dritten, dass dieser bei der Errichtung einer letztwilligen Verfügung dadurch beschränkt werden könnte (vgl. 5 Ob 217/06g). Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen dieser Judikatur.

 

Ob § 879 Abs 1 ABGB auch bei letztwilligen Verfügungen Anwendung findet, kann dahinstehen, weil nicht jeder Verstoß gegen eine Verbotsnorm zur Nichtigkeit führt. Entscheidend ist vielmehr, ob der Verbotszweck die Ungültigkeit verlangt, wenn – wie im Anlassfall – die Norm nicht ausdrücklich anordnet, dass ihm widersprechende Geschäfte nichtig sein sollen (vgl. RS0016837).

 

Die Argumentation des Rekursgerichts, dass der zentrale Zweck der Verordnung auf den Schutz der betreuten Person abziele, ein solcher aber hinsichtlich des erst nach dem Tod eingetretenen Vermögenszuwachses der Pflegeperson nicht mehr geboten sei, wirft keine erhebliche Rechtsfrage auf.

 

Wegen der klaren Regeln der Verordnungen liegt trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs keine erhebliche Rechtsfrage vor (RS0042656). Demnach haben Personenbetreuer bei der Ausübung ihrer Tätigkeit das Wohl des zu Betreuenden zu achten (§ 1 Abs 1 VO) und muss sich die Betreuung an den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit orientieren (§ 1 Abs 2 VO). Diese Regeln stützen den vom Rekursgericht herausgearbeiteten Gesetzeszweck. Entsprechendes gilt für die in der Verordnung normierten Dokumentations- (§ 1 Abs 3 VO) und Informationspflichten (§ 2 Abs 1 VO) und die Anordnung eines Mindestinhalts des Vertrags (§ 2 Abs 2 VO). 

 

Auch das hier relevante Verbot, dass einer Pflegeperson untersagt ist, Leistungen ohne gleichwertige Gegenleistungen entgegenzunehmen, zielt darauf ab, von der betreuten Person Nachteile abzuwenden.

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